Update (11.12.2024)
Abschiebung von eritreischer Frau aus der Johanneskirchengemeinde Hallstadt ausgesetzt
Die Abschiebung einer eritreischen Frau in die Militärdiktatur Eritrea, die für Donnerstag, 12.12., geplant war, wurde durch das Innenministerium ausgesetzt. Die Härtefallkommission des Landtags wird sich nun mit dem Fall auseinandersetzen.
Die Frau war als Soldatin mit ihrer jungen Tochter aus dem eritreischen Militärdienst geflohen und nach einer langen, von schweren Gewalterfahrungen geprägten Flucht nach Deutschland gekommen. Die evangelische Kirchengemeinde Hallstadt, die Eritreerin und ihre Tochter im Jahr 2018 vorübergehend ins Kichenasyl aufgenommen hatte, hatte sich mit breiter Unterstützung durch Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, humanitäre Bündnisse aus Kirche und Zivilgesellschaft sowie durch zahlreiche Menschen, die die Frau kennen, gegen die Abschiebung ihres Gemeindemitglieds eingesetzt. Der Fall hatte auch außerhalb Bambergs insbesondere deswegen Aufsehen erregt, weil Abschiebungen in die Militärdiktatur Eritrea in der Vergangenheit aus humanitären Gründen so gut wie nie durchgeführt wurden.
Das Update bezieht sich auf folgende Pressemitteilung:
PRESSEMITTEILUNG
Bamberg/Hallstadt, 08.12.2024
Die evangelische Kirchengemeinde in Hallstadt ist entsetzt. Am Freitag wurde ein eritreisches Gemeindemitglied in Abschiebehaft genommen, die Frau soll nach Eritrea abgeschoben werden.
Die Frau ist den Menschen in der Johannesgemeinde, seitdem sie und ihre damals vierzehnjährige Tochter 2018 im Kirchenasyl waren, ans Herz gewachsen. Obwohl sie selbst eritreisch-orthodox ist, half sie bei Veranstaltungen und Gottesdiensten. Sie gehört zur Gemeinde dazu. Nach jedem Gottesdienst steht sie beim Kirchenkaffee unter den Menschen und verteilt ihr selbst gebackenes Brot. Dementsprechend schockiert zeigten sich die Gottesdienstbesucher am 2. Advent, als Prädikantin Susanne Freund gleich zu Beginn des Gottesdienstes mitteilte: „Unsere [Name] soll abgeschoben werden. Ihr Platz ist heute leer.“ Pfarrer Andreas Schlechtweg und die Tochter der Frau schilderten die Umstände.
Die Eritreerin hat eine schwierige Geschichte von jahrelanger Flucht vor dem Militärdienst in Eritrea und schwere Gewalterfahrungen im Sudan, in Libyen und Italien hinter sich. Psychisch und körperlich ist sie tief verletzt. Im letzten Jahr konnte sie sich stabilisieren. Dazu beigetragen haben viele ehrenamtliche Helfer der Kirchengemeinde und Institutionen. Aktuell ist sie nach einem Krankenhausaufenthalt dringend auf eine Weiterbehandlung angewiesen. Trotzdem hat sie, solange sie eine Arbeitserlaubnis hatte, als Putzhilfe bei verschiedenen Arbeitgebern gearbeitet und ist für ihren Lebensunterhalt selbst aufgekommen – bis ihr im vergangenen August die Arbeitserlaubnis entzogen wurde. Die Kirchengemeinde war dabei, einen Antrag an die Härtefallkommission zu stellen. Abschiebungen nach Eritrea waren in der Vergangenheit die absolute Ausnahme.
Was sie in Eritrea erwartet, ist kaum vorstellbar. Abgesehen von der ungeklärten Gefährdungslage einer ins Ausland entlaufenden Soldatin – ihr Partner, den sie über 10 Jahre nicht gesehen hat, ist aidskrank, der Bruder seit vielen Jahren im Gefängnis. Es wäre ein Weg ins Elend. Zudem lebt ihre Tochter hier in Bamberg, mittlerweile ist diese 20 Jahre alt. Vor dem Hintergrund von deren Kindheit und Jugend erst bei einer Tante in Äthiopien, im Flüchtlingslager im Sudan sowie angesichts der erlebten Umstände in Libyen und des Fluchtwegs ist es bewundernswert, was diese junge Frau geleistet hat. Sie hat die Schule abgeschlossen. Sie spricht hervorragend deutsch. Sie ist nach diesen langen Jahren sehr gut integriert. Sie hat eine Ausbildung zur Bürokauffrau begonnen, musste jedoch diese aufgrund eines zeitlich begrenzten Aufenthaltstitels unterbrechen. Ihr Ausbildungsbetrieb konnte das Risiko, sie unter Umständen nicht fertig ausbilden und übernehmen zu können, nicht eingehen. Aktuell sucht sie nach einem neuen Ausbildungsbetrieb. Es wäre eine große Härte, wenn die beiden Frauen, Mutter und Tochter, nun nach all dem, was sie miteinander erlebt und erlitten haben, auseinandergerissen würden.
Die Kirchengemeinde hat eine Unterschriftenaktion gestartet und Abgeordnete angeschrieben. Sie bitten eindrücklich darum, dass die Eritreerin einen Aufenthaltsstatus und eine Arbeitserlaubnis bekommt und aus der Abschiebehaft entlassen wird. Bereits am ersten Tag haben sich über 150 Menschen handschriftlich eingetragen.
Auch die Bamberger Mahnwache Asyl am kommenden Montag (9.12., 18 Uhr auf der Unteren Brücke in Bamberg) wird ihre Solidarität ausdrücken. Pfarrerin Susanne Wittmann-Schlechtweg und die Tochter der eritreischen Frau werden auch dort berichten. Die Unterschriftenlisten liegen ebenfalls aus.
Presseanfragen an
Pfarrer Andreas Schlechtweg und Pfarrerin Susanne Wittmann-Schlechtweg
Tel. 0951 71575